„Was Evangelium uns mit Worten sagt, das zeigt uns die Ikone mit Farben und führt es uns vor die Augen“, hieß es so einmal bei einem östlichen Konzil. In der Darstellung Jesus Christi, der Muttergottes, der Engel oder Heiligen, macht sie die Ikone auf eine geheimnisvolle Weise präsent. Sie ist daher die „Visualisierung“ im stärksten Sinne des Wortes, d.h. der Punkt, wo sich dem Betrachtenden das Geheimnis zeigt, wie ein kleines „offenes Fenster mit Blick auf die Ewigkeit“, durch die das Göttliche uns aufklärt.
Es versteht sich also, dass die Kunst der Ikone in erster Linie eine spirituelle Kunst ist: Gebet, Askese und der Weg der Bekehrung müssen dem Lernen vorausgehen und es begleiten bei der Perfektionierung der speziellen Technik der alten Tradition, welche durch kirchliche Kanone genau festgelegt ist.
Der Ikonograph – Ikonenmaler – ist nicht ein Künstler, der seine eigene persönliche Sensibilität zum Ausdruck nach seinem eigenen künstlerischen Talent bringt; er ist eher ein Werkzeug – um so geeigneter, je gebildeter – welches der göttliche Künstler verwendet, um den Menschen eine Stelle der Gnade zu geben, wo sie ihn treffen: die Ikone.
Als theologische und liturgische Kunst schafft Ikonographie nicht etwas neues, bisher unbekanntes, bietet jedoch immer wieder die gleichen alten Modelle in ständiger Vertiefung, indem sie sich in den Dienst des kirchlichen Lebens des Glaubens und Gebets stellt. Aus diesem Grund ist Ikonographie in allen Zeiten besonders mit der Klosterspiritualität kongruent gewesen: die ältesten Ikonen, die uns überliefert worden sind, kamen nämlich aus dem Kloster der hl. Katarina auf dem Berg Sinai und stammen aus dem 6. Jahrhundert. Antike Ikonographen waren fast ausschließlich Mönche, die in die heilige Bildern die ständige Liturgie übersetzten, welche in der Kirche und in dem Heiligtum des Herzens gefeiert wird. Im Zuge dieser Tradition ist auch die Tätigkeit unserer Werkstatt: In betender Stille des Klosters lebend wollen wir Gott und unseren Brüdern auch mit heiligen Ikonen dienen, die – mit Gebet durchdrungen – denjenigen helfen, die ihnen mit dem Glauben zutreten, unseren Herrn Jesus in tieferem Geheimnis des Heils zu treffen. Er ist, nämlich, immer derjenige, der eine Ikone zu einem Kanal der Gnade macht, der die Kraft der Weihe überträgt: Auch wenn sie selige Jungfrau Maria und die Heiligen darstellen, feiern die Ikonen das Geheimnis Christi, der in seiner Verkörperung das menschliche Gesicht auf sich nahm, damit der Mensch sein göttliches Gesicht wieder erlangen kann. Die Reinste Jungfrau und die Heiligen der Kirche bezeugen, dass mit ihrer Annahme Gottes Plan erfüllt worden ist. Das ist für uns der Grund für die Hoffnung, weil die in ihnen durch die Gnade erzeugte Vergöttlichung auch in uns vollzogen werden kann.
Geboren im Gebet und für das Gebet bestimmt, spiegeln unsere Ikonen die Gabe und Aufgabe der gesamten Klostergemeinschaft, sanft ins Herz der Menschen zu sprechen, um sie näher zu Gott und die Freuden und Leiden jedes einzelnen vor sein Gesicht zu bringen. Wer vor diesen Bildern betet, kann in seinem Gebet fühlen, dass ihn die Klostergemeinschaft in ihrem Gebet erwähnt und unterstützt.